Ablauf bei Abnahme von Bauleistungen:

So erkennen Sie Mängel und protokollieren diese richtig

Der Streit darüber, ob die Arbeiten des Bauunternehmens korrekt sind oder Mängel aufweisen, ist eines der Hauptprobleme bei der Abwicklung von Bauvorhaben. Ein Mangel liegt vor, wenn das, was Sie vorfinden, von dem abweicht, was Sie vorfinden sollten. Letzteres bestimmt sich in erster Linie danach, ob und welche konkreten vertraglichen Absprachen getroffen wurden oder wie die Arbeiten üblicherweise auszusehen haben. So einfach dies klingt, so kompliziert kann es sein: Nicht jede Abweichung ist ein Mangel und nicht jeder Mangel berechtigt Sie dazu, Mängelbeseitigung zu verlangen.

Anzeige

 

Sie müssen drei Fallgruppen unterscheiden:


1. Abweichungen innerhalb handelsüblicher oder technischer Toleranzen

Abweichungen können im Rahmen handelsüblicher oder technischer Toleranzen liegen. Sie stellen dann keinen Mangel dar und müssen von Ihnen hingenommen werden. Typische Problemfälle sind Unterschiede in der Maserung von Holzmaterialien oder Abweichungen in Farbe und Struktur von Fliesen. Hier spielt allerdings auch eine Rolle, welche Flächengröße betroffen ist und ob bei größeren Flächen vielleicht das optische Gesamtbild so störend ist, das doch wieder von einem Mangel ausgegangen werden muss.

2. Mängel, deren Beseitigung unmöglich oder unverhältnismäßig ist

  • Nicht jeder Mangel muss vom Bauunternehmen zwangsläufig behoben werden.
  • Das gilt beispielsweise, wenn die Beseitigung unmöglich ist oder das Unternehmen eine Mängelbeseitigung ableht, weil sie unverhältnismäßig ist.
  • Dies könnte zum Beispiel bei einem Kratzer auf einem Fensterrahmen der Fall sein, der lediglich eine geringe optische Beeinträchtigung darstellt und nur durch einen Austausch des gesamten Fensters behoben werden könnte.
  • Ist eine Mängelbeseitigung unmöglich oder verweigert das Bauunternehmen sie als unverhältnismäßig, müssen Sie den Mangel zwar hinnehmen, haben aber einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich für den mangelbedingten Minderwert (Minderung).


3. Nachzubessernde Mängel und Gewährleistung

In allen anderen Fällen haben Sie einen Anspruch auf Mängelbeseitigung. Zeigt sich vor der Abnahme ein Mangel, befinden Sie sich juristisch gesprochen noch im Stadium der Vertragserfüllung. Zeigen sich nach der Abnahme Mängel, stehen Ihnen Rechte auf Gewährleistung zu. Wie Ihre Rechte genau aussehen, hängt davon ab, ob das BGB oder die VOB/B Ihre Vertragsgrundlage ist. Ihre Möglichkeiten sind:

  • Mängelbeseitigung/Neuherstellung
  • Selbstvornahme
  • Minderung
  • Rücktritt vom Vertrag
  • Schadensersatz
  • Entfernung/Verkauf nicht vertragsgemäßer Bauteile und Stoffe
Anzeige


Die Abnahme von Bauleistungen bedeutet, dass Sie Leistungen, so wie Sie sie vorfinden, als im Wesentlichen vertragsgemäß und damit als korrekt erbracht akzeptieren und zur eigenen Nutzung übernehmen.

Die Abnahme hat folgende rechtliche Wirkungen:

Mit der Abnahme

  • verändert sich die Beweislast in einem Rechtsstreit über Mängel: Vor der Abnahme muss das Unternehmen beweisen, dass keine Mängel vorliegen. Nach der Abnahme müssen Sie beweisen, dass es sich um Mängel handelt.
  • wird der Baupreis fällig.
  • beginnt die Verjährungsfrist für die Gewährleistung.

Liegen erkennbare Mängel vor, verlieren Sie mit der Abnahme Ihre Gewährleistungs-Rechte (ausgenommen Schadensersatzansprüche), wenn Sie sich Ihre Rechte nicht ausdrücklich vorbehalten. Auch Ihr Anspruch auf eine vereinbarte Vertragsstrafe geht Ihnen mit der Abnahme verloren, wenn Sie ihn sich bei der Abnahme nicht ausdrücklich vorbehalten.


Ablauf der Abnahme

  • Die Abnahme sollte als förmliche Abnahme auf der Baustelle stattfinden.
  • Die Begehung ist nicht selbstverständlich. Denn eine Abnahme kann auch zustande kommen, indem Ihr Verhalten als „Akzeptieren"" gewertet wird.
  • Zum Beispiel, wenn Sie ohne Prüfung in Ihr neues Haus einziehen und es nutzen. Dann wird von einer schlüssigen oder fiktiven Abnahme gesprochen.
  • Sie sollten in Ihrem Vertrag ausdrücklich festlegen, dass eine Abnahme in der für Sie sichersten Form erfolgt, nämlich als förmliche Abnahme per Prüfung auf der Baustelle.
  • Nehmen Sie am besten dazu einen Fachmann mit.
  • Erstellen Sie vor Ort ein Protokoll, in das Sie fehlende Leistungen und etwaige Mängel aufnehmen und stellen Sie in dem Protokoll klar, dass dies noch in Ordnung zu bringen ist.
  • Das ist Ihr Vorbehalt für Gewährleistungsrechte. Wenn Streit darüber entsteht, ob eine Arbeit korrekt ist oder nicht, kennzeichnen Sie diesen Punkt als streitig.

Wenn Leistungen zum Zeitpunkt der Abnahme Mängel aufweisen, ist zu unterscheiden zwischen unwesentlichen und wesentlichen Mängeln. Handelt es sich um unwesentliche Mängel, müssen Sie die Leistung abnehmen. Liegen wesentliche Mängel vor, können Sie die Abnahme und damit auch die Bezahlung verweigern. Das Bauunternehmen muss die Mängel beseitigen lassen, bevor ein neuer Abnahmeversuch unternommen wird.


Tipp
Streitigkeiten über Mängel sind oft von dem Streit begleitet, ob Ihre Mängelrügen und die von Ihnen gesetzten Fristen zur Mängelbeseitigung das Bauunternehmen überhaupt erreicht haben. Verfassen Sie Mängelrügen und Fristen immer schriftlich per Einschreiben mit Rückantwortschein. Denken Sie daran: Wenn Sie bei der Abnahme Mängel geltend machen, können Sie das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten einbehalten, bis die Mängel behoben sind. Dieser sogenannte Druckzuschlag soll das Unternehmen dazu bewegen, die vorhandenen Mängel zügig zu beseitigen.


Abnahme und Übergabeprotokoll

In einem Abnahme- und Übergabeprotokoll sollten folgende Inhalte enthalten sein:

  • Genaue Bezeichnung des Bauvorhabens
  • das Abnahmedatum
  • die beteiligten Personen (Bauherr und Baufirma, vertreten durch...)
  • sämtliche festgestellte Mängel, zum Beispiel in einer Liste: Was ist wo und wie mangelhaft bzw. in welchem Umfang beschädigt
  • bis wann die Mängel spätestens zu beseitigen sind
  • Beginn und Ende der Gewährleistung
  • die Unterschriften beider Vertragsparteien


Schiedsgutachten

In einigen Bauverträgen finden sich Vereinbarungen, dass bei strittigen Leistungen ein von der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu bestimmender Sachverständiger darüber entscheidet, ob die Leistung mangelhaft ist. Der Vorteil liegt darin, dass das Verfahren helfen kann, Kosten für eine gerichtliche Auseinandersetzung zu sparen. Schiedsgutachten bewirken für die streitenden Vertragsparteien ein verbindliches Ergebnis, was nur in Ausnahmefällen angefochten werden kann.


Mängelbeseitigung bzw. Neuherstellung

Beim Vorliegen eines Mangels können Sie verlangen, dass der Mangel beseitigt wird. Beachten Sie, dass Sie keinen Anspruch auf eine bestimmte Form oder Art der Mängelbeseitigung haben. Ihr Anspruch auf Mängelbeseitigung ist ein Recht auf Nacherfüllung beim BGB-Vertrag. Beim VOB/B-Vertrag haben Sie ein Recht auf Mängelbeseitigung.

Liegt ein wesentlicher Mangel vor, können Sie die Abnahme verweigern und Mängelbeseitigung in Form der Nachbesserung oder Neuherstellung verlangen. Nach fruchtlosem Fristablauf können Sie vom Vertrag zurücktreten.


Selbstvornahme

Diese bedeutet, dass Sie einen Mangel selbst oder durch ein anderes Unternehmen beseitigen lassen und Ihrem Bauunternehmen die Kosten in Rechnung stellen. Dieses Recht steht Ihnen aber erst zu, nachdem Sie einen Mangel bei Ihrem Unternehmen gerügt und dessen Beseitigung verlangt haben. Außerdem müssen Sie dem Unternehmen eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung einräumen, am besten gleich beim ersten Verlangen nach Mängelbeseitigung. Wird der Mangel nicht fristgerecht beseitigt, steht Ihnen die Selbstvornahme offen.


Minderung

Die Minderung bedeutet, der vereinbarte Baupreis wird in dem Verhältnis herabgesetzt, in dem die Mängel den Wert der Bauleistungen mindern. Die Minderung ist eine Alternative zur Selbstvornahme und wie die Selbstvornahme erst möglich, nach dem Sie mit angemessener Fristsetzung die Mängelbeseitigung verlangt haben und der Mangel nicht fristgerecht beseitigt wurde.


Rücktritt vom Vertrag

Der Rücktritt führt zur Rückabwicklung des Vertrags. In der VOB/B ist der Rücktritt vom Vertrag auf Grund von Mängeln grundsätzlich ausgeschlossen. Gegenüber Verbrauchern hält diese Regelung der VOB/B (§ 13 Nr. 6 VOB/B) allerdings nicht stand, da Sie gegen den Grundgedanken des BGB-Werkvertragsrechts verstößt.

Deshalb gilt, dass selbst wenn der Unternehmer auf die Geltung der VOB/B verweist und diese tatsächlich Vertragsbestandteil ist, der Rücktritt vom Vertrag bei Mängeln erklärt werden kann. Allerdings sind einige Voraussetzungen zu erfüllen. Der Mangel muss beispielsweise als erhebliche Pflichtverletzung des Unternehmens gelten. Weiterhin müssen Sie vorher mit angemessener Frist die Mängelbeseitigung verlangt haben, ohne dass der Mangel fristgerecht beseitigt wurde.


Schadensersatz

Der Schadensersatz verschafft Ihnen einen finanziellen Ausgleich für Kosten, die Ihnen durch den Mangel entstanden sind oder entstehen. Wenn eine Mängelbeseitigung erfolgt ist oder wenn Sie, weil eine Mängelbeseitigung trotz Fristsetzung unterblieben ist, zur Selbstvornahme, zur Minderung oder zum Rücktritt gegriffen haben, erlaubt der Schadensersatz Ihnen, die Kosten ersetzt zu bekommen, die noch offen geblieben sind, zum Beispiel die Kosten eines erforderlichen Sachverständigengutachtens zur Mängelfeststellung. Voraussetzung des Schadensersatzanspruches ist, dass das Bauunternehmen den Mangel verschuldet hat. Im Einzelnen müssen Sie unterscheiden, ob das BGB oder die VOB/B Rechtsgrundlage Ihres Vertrags ist. Der Schadensersatz kann auch in einer anderen Form vorkommen. Er kann auf die Rückabwicklung des Vertrags hinauslaufen und führt dann zum Ersatz aller durch den Mangel entstandenen oder entstehenden Kosten einschließlich der Rückzahlung des Baupreises. Diese als Schadensersatz statt der Leistung bezeichnete Form ist aber nur möglich, wenn der Mangel Ausdruck einer erheblichen Pflichtverletzung des Unternehmens ist und Sie zuvor mit angemessener Fristsetzung Mängelbeseitigung verlangt haben, ohne dass eine fristgerechte Beseitigung erfolgt ist.


Entfernung nicht vertragsgemäßer Bauteile und Stoffe

Für den Fall, dass Sie feststellen, dass Ihr Unternehmen nicht vertragsgemäße Bauteile oder Stoffe zu verwenden beabsichtigt, gibt die VOB/B Ihnen das Recht, dem Unternehmen eine Frist zu setzen, diese von der Baustelle zu entfernen. Bleibt die Frist ohne Erfolg, können Sie die Bauteile auf Kosten des Unternehmens entfernen lassen oder auf seine Rechnung veräußern. Mit dieser Regelung soll von vornherein verhindert werden, dass mangelhafte Leistungen entstehen.

 

Anzeige
Anzeige
Transparent & ehrlich

Wir verwenden Cookies, Skripte und ähnliche Technologien damit unsere Webseite gut funktioniert sowie zur Darstellung personalisierter Inhalte, um Ihnen ein tolles Nutzererlebnis zu bieten. Es hilft uns unser Internet-Angebot zu verbessern und finanzieren.

Dabei kann es vorkommen, dass Ihre Daten in ein Land außerhalb der Europäischen Union übertragen werden, welches kein vergleichbares Datenschutzniveau gewährleistet. Details zur Datennutzung und ggfs. -weitergabe erläutern wir in unserer Datenschutzerklärung.

Indem Sie “Akzeptieren” klicken, stimmen Sie diesen zu. Sie können jederzeit – auch später noch – Ihre Einstellungen ändern (Menüpunkt unten auf der Seite: „Cookie Einstellungen“).